Bewegte Landschaft


Sabrina Brüngger BA



Wie ein Vulkan einen Bergsturz und die letzte Hungersnot der Schweiz auslöste

Was hat ein Vulkanausbruch am Atzmännig mit einem Vulkanausbruch in Indonesien zu tun?
Vor 200 Jahren spielte das Wetter verrückt und das nicht nur in der Schweiz. Ursachen und Folgen zeigt ein Animationsfilm, der Wandergästen das Lesen unserer Landschaft ermöglicht.


Gestalterisches Mentorat
Raphael Gschwind


Kooperationspartner*innen
Cornelia Schneller
Monika Kriemler

Die Landschaft erzählt viele Geschichten; ihre Spuren vermögen nur wenige zu lesen. 1816 oder auch das «Jahr ohne Sommer» genannt, ist im Goldingertal sowohl historisch als auch geologisch beachtenswert. Warum kam es am Hang des Atzmännigs zu einem Bergsturz und was war der Auslöser für die damals herrschende Hungersnot?

In Zusammenarbeit mit dem Verein Goldingertal Eschenbach entwickelte ich ein Konzept für die Erneuerung des Geowegs Chrüzegg. Im direkten Bezug zur Landschaft können sich Besuchende geologisches Wissen aneignen und mit historischen Begebenheiten verknüpfen.

Zu Beginn der Wanderroute führt ein Animationsfilm in die Thematik ein und zeigt die regionalen wie globalen Verknüpfungen der Naturkatastrophen von 1816 auf. Die dafür verantwortliche Wetteranomalie, ausgelöst durch den Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien, führte in der Schweiz zu Missernten und instabilen Gesteinsschichten.

Mit dem Ziel, die Neugierde für unsere Umwelt zu wecken und das Verständnis für weltumspannende Wechselwirkungen zu fördern, beleuchtet diese Arbeit die dafür relevanten Ereignisse aus der Vergangenheit und stellt Bezüge zur Gegenwart her.

Ein digitales Zusatzangebot begleitet die Teilnehmenden auf dem Geoweg und bietet vertiefende Einblicke in global-lokal sowie klimatisch-geologische Zusammenhänge und ihre gesellschaftliche Wirkung.



01 Besuch vor Ort
Ausgangslage
Ein Teilstück des Geowegs Chrützegg führt durch das Bergsturzgebiet im Goldingertal. Bei einem Besuch vor Ort konnte ich mir die heutigen Spuren im Schuttwald anschauen und ein Gefühl dafür entwickeln, welche Art von Gestaltung in die Landschaft passen könnte.



Bisheriger Geoweg
Unterwegs finden sich immer wieder Schilder des alten Geowegs, welche auf die geologischen Ereignisse an jener Stelle hinweisen. Da diese veraltet und teilweise schwer verständlich sind, wird ein neues Konzept gesucht. 
Die Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler ab der Mittelstufe sowie der individuelle Wandergast. Die Gestaltung soll möglichst einfach sein und die Gäste neben der Wissensvermittlung auch emotional packen und Interesse für das Thema generieren. 



Im markierten Bereich führt ein Wanderweg durch das ehemalige Bergsturzgebiet.
Bild: www.atzmaennig.ch/de/sommer/sommerangebote/wandern



02 Konzept und Handlung

Dramaturgie
Die Animation ist thematisch in mehreren Kapiteln gedacht. Diese führen von den regionalen Ereignissen im Goldingertal ins Globale und wieder zurück.


Erzählebenen
Der direkte Einstieg in die Erzählung geschieht über einen Zeitzeugenbericht von 1816. Es folgt ein sachlicher Teil, welcher am Ende wieder durch eine persönliche Ansprache und Aufforderung unterbrochen wird.




Varianten des Storyboards










Animatic
Im Animatic, dem animierten Storyboard, konnte das Timing und die Szenenabfolge geprüft werden. Das Animatic war ein wichtiges Arbeitstool, um die Textlänge der Sprecherin einzupassen und das Verständnis zu prüfen.





03 Gestalterischer Prozess
Stilfindung
Anhand wichtiger Schlüsselszenen erstellte ich Stilbeispiele. Mein Ziel war eine ansprechende Bildsprache, welche schnell verständlich und auf das wesentliche fokussiert ist.










Farbkonzept
Passend zur regnerischen Stimmung wählte ich ein Farbkonzept basierend auf erdigen und vergrauten Farbtönen, welche durch Akzentfarben ergänzt werden. Der Übergang vom historischen Teil in die heutige Zeit wird hauptsächlich über die Farbe kommuniziert. Von den entsättigten und unbunten Szenen, wechselt die Farbpalette in leuchtende und gesättigtere Farbtöne.


Aufbereitete Farbfelder in Illustrator geordnet nach Szenen.
Koloriertes Storyboard
Planung des Verlaufs der Farbstimmung über die gesamte Animation.






Inspiration aus der Natur
Die Gesteinsschicht, welche beim Bergsturz zu Tal donnerte, bestand aus Nagelfluh. Deren Farbigkeit findet sich in den gewählten Tönen wieder.

Grau im Gegensatz zu weiss als Grundlage verändert die Erscheiung der Akzentfarben stark. Hier fiel die Entscheidung, hauptsächlich mit vergrauten Farben zu arbeiten.




04 Umsetzung

Illustrationen
Alle Bilder der Animation sind mit Adobe Illustrator gemacht.



Strukturen
Über den Vektorillustrationen liegen verschiedenste Strukturebenen. Diese bringen eine analoge Haptik in die digitale Gestaltungsform. Die Strukturen habe ich aus unterschiedlichen Materialien wie Papier, Kohle, Erde, Stoff und Holz erstellt. Die durchnässten Gesteinsschichten, welche zum Bergsturz führten, werden so in der Gestaltung aufgegriffen.







Animation
Der Grossteil der Animation entstand in Adobe After Effects. 

Bild rechts: Durch die Anordnung der Ebenen im 3D Raum kann eine Kamerafahrt durch die Wokendecke erzeugt werden.




Frame-by-Frame Animation gezeichnet in Procreate.



Übergänge
Der Szenenwechsel von der globalen Sicht auf die Erde zurück ins Goldingertal ist ein Schlüsselmoment in der Animation. Die Aschewolke zieht sich über den gesamten Globus und verdunkelt auch den Himmel am Atzmännig.



Leitmotive
Durch die Animation ziehen sich mehrere  wiederholende Elemente. In unterschiedlichen Szenne kommen beispielsweise Rauch- und Aschewolken vor. Diese verbinden die einzelnen Szenen visuell miteinander und führen wie ein roter Faden durch die Erzählung.





05 Zusammenarbeit

Vertonung
Bei der Vertonung des Films erhielt ich tatkräftige Unterstützung von Schauspieler*innen und Musikern. In Zusammenarbeit mit Mira Wickert und Jonas Julian Niemann entstanden die Aufnehmen der Erzählerin und des Zeitzeugen. Simon Schwaninger komponierte ein atmosphärisches Musikstück, welches sich stimmungsvoll unter die Animation legt. Das Sound Design und die Abmischung übernahm Simon Dällenbach. Packende Soundeffekte hauchen den Szenen leben ein und bringen den Bergsturz zum Donnern.
Die Zusammenarbeit war sehr bereichernd und führte zu einer stimmigen Verbindung von Bild, Text und Sound.






05 Ausblick


Um die Animation einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und die Spuren des Ereignisses Bergsturz und Hungersnot 1816 direkt vor Ort zu entdecken, besteht die Möglichkeit einer installierten Tafel mit integriertem Bildschirm.
Ein digitales Zusatzangebot rundet das Erlebnis ab und gibt während der Wanderung vertiefende Einblicke in geologische und historische Themen.



    

︎
sabrina.bruengger@gmail.com